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Décisions

CCE, 20 janvier 1999, n° M.1402

COMMISSION DES COMMUNAUTÉS EUROPÉENNES

Décision

Gaz de France/Bewag/Gasag

CCE n° M.1402

20 janvier 1999

LA COMMISSION DES COMMUNAUTES EUROPEENNES,

Anmeldung vom 10.12.1998 gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) n° 4064-89 des Rates (Fusionskontrollverordnung)

Am 10. Dezember 1998 erhielt die Kommission gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) n° 4064-89 des Rates eine Anmeldung eines Zusammenschlußvorhabens, aufgrund dessen Gaz de France Deutschland GmbH ("GDFD") und Berliner Kraft- und Licht Bewag Aktiengesellschaft ("BEWAG") gemeinsame Kontrolle über Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft ("GASAG") GASAG erwerben.

Nach Prüfung der Anmeldung hat die Kommission festgestellt, daß das angemeldete Vorhaben in den Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) n° 4069-89 des Rates [ABl. L 395 vom 30.12.1989, S.1, berichtigte Fassung ABl. L 257 vom 21.9.1990, S.13; zuletzt geändert durch Verordnung (EWG) n° 1310-97 (ABl. L 180 vom 9.7.1997, S.1, Berichtigung in ABl. L 40 vom 13.2.1998, S. 17.)] fällt und hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des EWR-Abkommens keinen Anlaß zu ernsthaften Bedenken gibt.

I. DIE PARTEIEN

GDFD, eine zum französischen Gaz de France ("GDF") Konzern gehörende Gesellschaft, ist eine Holdinggesellschaft im Energieversorungsbereich mit Schwerpunkt im Gasbereich. Die Gesellschaft unterhält u.a. 75 % der Geschäftsanteile an der Erdöl-Erdgas Gommern GmbH und diverse Minderheitsbeteiligungen an Energieversorgungs-unternehmen vorwiegend im Gebiet der neuen Bundesländer.

BEWAG hat den Schwerpunkt seiner Aktivitäten im Bereich der Stromerzeugung und im Verteilen des bei der Stromproduktion anfallenden Nebenprodukts Fernwärme in Berlin.

GASAG ist Lieferant von Gas in Berlin. Daneben verteilt GASAG auch Fernwärme in Berlin und produziert im geringen Umfang Strom.

II. DAS VORHABEN UND DER ZUSAMMENSCHLUSS

Im Rahmen der Umwandlung der GASAG von einem Eigenbetrieb des Landes Berlin in eine Aktiengesellschaft erwarben u.a. GDFD und BEWAG jeweils getrennt voneinander Anteile an GASAG, wobei der Anteil von GDFD 38.16 % und der von BEWAG 24.99 % betrug. Das Bundeskartellamt hat nach jeweiliger getrennter Prüfung die Erwerbsvorgänge 1998 freigegeben.

Die anmeldenden Parteien haben nunmehr einen Konsortialvertrag und eine Poolvereinbarung über ihre Anteile an der GASAG von insgesamt 63.15 % geschlossen, um gemeinsam einen beherrschenden Einfluß auf die GASAG auszuüben.

Dieses Vorhaben stellt einen Zusammenschluß im Sinne von Artikel 3 (1) b der Fusions-kontrollverordnung dar. Aufgrund des Konsortialvertrages sind GDFD und BEWAG in der Lage einen bestimmenden Einfluß auf die GASAG auszuüben. Mittels einer Poolvereinbarung wird die gemeinsame Kontrolle erreicht.

Der Konsortialvertrag verpflichtet die Parteien sämtliche wesentlichen Entscheidungen in bezug auf die GASAG nur gemeinsam zu treffen. Dafür wird ein Steering Committee gebildet, das mit jeweils zwei Vertreten von GDFD und BEWAG besetzt ist. Sollte im Steering Committee keine gemeinsame Entscheidung zustande kommen, so ist eine Poolversammlung, die sich aus Vertretern der Parteien zusammensetzt, zur Entscheidung einzuberufen. Entscheidungen der Poolversammlung erfolgen ebenfalls einstimmig. Die Parteien sind verpflichtet, die Stimmrechte auf der Hauptversammlung der GASAG entsprechend den Beschlüssen der Poolversammlung auszuüben. Die Hauptversammlung entscheidet mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Satzungsgemäß gibt es keine Sonderrechte für die Anteilseigner.

III. GEMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG

GDFD, BEWAG und GASAG haben zusammen einen weltweiten Gesamtumsatz von mehr als 5 Mrd. ECU (in 1997, GDFD 9.1 Mrd. ECU, BEWAG 2.1 Mrd. ECU, GASAG 450 Mio. ECU). Jedes von ihnen hat einen gemeinschaftsweiten Gesamtumsatz von mehr als 250 Mio. ECU (GDFD 8633 Mio. ECU, BEWAG 2098 Mio. ECU, 450 Mio. ECU). Nur BEWAG und GASAG erzielen mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in einem und demselben Mitgliedstaat. Das Vorhaben hat folglich gemeinschaftsweite Bedeutung. Es stellt keinen Kooperationsfall aufgrund des EWR-Abkommens dar.

IV. WETTBEWERBLICHE BEURTEILUNG

A. Sachlich relevante Märkte

Von dem Zusammenschluß betroffen sind Gas, d.h. die Versorgung mit Gas, und Fernwärme.

1) Gasversorgung

Die Versorgung mit Gas unterteilt sich typischerweise in Erzeugung oder Beschaffung, Speicherung und Verteilung von Gas. Gasversorgungsunternehmen sind üblicherweise auf dem Gebiet des Gasbezuges als auch in der überregionalen und regionalen Gasverteilung tätig. Nur sogenannte Ortsgasversorgungsunternehmen sind als lokale Endverteiler tätig. Im vorliegenden Fall ist die GASAG als nur regionaler Gasversorger in Berlin tätig.

GASAG ist in Berlin bislang der einzig tätige Gasversorger an Endkunden aufgrund seines bisher bestehenden Leitungsmonopols. Mit der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts im Jahre 1998 können nun Wettbewerber in den Markt für Gasversorgung eintreten.

Die Versorgung mit Gas erfolgt durch Leitungen, die zu den Endverbrauchern, d.h. zum Übergabepunkt im Gebäude, führen. Diese Leitungen gehören den Gasversorgern.Am Übergabepunkt wird Gas entweder einer Verbrennungseinrichtung zugeführt, die Wärme zentral erzeugt und dann über Leitungen in die Wohneinheiten verteilt wird, oder die Gasleitungen führen direkt in die jeweiligen Wohneinheiten zur stationären Erzeugung von Wärme. In beiden Fällen gehören diese Leitungen den jeweiligen Eigentürmern.

Ferner wird Gas zum Betreiben von Kochstellen benutzt. Jedoch stellt der Absatz von Gas für diese Zwecke nur ca. 2 % des Gesamtgasverbrauches dar, so daß auf eine weitere Betrachtung im vorliegenden Fall verzichtet werden kann.

Gas dient als Brennstoff zum Betreiben von Kraftwerken, hauptsächlich um Strom zu erzeugen. GASAG ist Lieferant in Liefergemeinschaft mit anderen Gasversorgern, u.a. mit Ruhrgas und VNB/Ruhrgas/BEB, von Gas an BEWAG. Blockheizkraftwerke, die von BEWAG u.a. mit Gas betrieben werden, erzeugen elektrischen Strom und Fernwärme als Nebenprodukt.

Der sachlich relevante Markt ist daher der Markt für regionale Gasversorgung.

2) Fernwärme

Fernwärme wird typischerweise zentral erzeugt. Häufig entsteht Fernwärme als Nebenprodukt bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen, bspw. Gas, Kohle, zur Energiegewinnung, d.h. durch Kraft-Wärme-Kopplung bei der Erzeugung von Strom. Anschließend wird dann die so erzeugte Fernwärme über ein eigenes Leitungsnetz direkt zum Endverbraucher geliefert.

Leitungsnetze, die Fernwärme transportieren, unterscheiden sich von anderen Leitungssystemen hauptsächlich durch ihre hohen Anforderungen an die Isolierung um Wärmeverluste während des Transports möglichst gering zu halten. Fernwärmeleitungsnetze werden daher nur in zusammenhängenden räumlichen Gebieten betrieben. In der Regel ist der Lieferant der Fernwärme im Besitz der Leitungen bis hin zum Endverbraucher.

Fernwärmenetze werden typischerweise in lokal benachbarten Gebieten aufgebaut, hauptsächlich wegen der hohen Investitionskosten. Eine großräumige Erschließung ist daher unüblich. Ausserdem ist für Betreiber von Fernwärmenetzen von Bedeutung, eine möglichst hohe Anzahl Kunden innerhalb eines existierenden Fernwärmenetzes anzuschließen, um rentabel arbeiten zu können.

B. Geographische Märkte

Die Parteien gehen in der Anmeldung davon aus, daß Berlin der jeweilige räumlich relevante Markt für regionale Gasversorgung und Fernwärme ist. In der Entscheidung IV-M.713 - RWE/Thyssengas hat die Kommission u.a. ausgeführt, daß die Verteilung von Gas sich hauptsächlich aufgrund von Leitungsmonopolen auf die jeweiligen Tätigkeitkeitsgebiete der Lieferanten beschränken. Auch nach der Liberalisierung des Gasmarktes ist zunächst nur mit einer schrittweisen Öffnung der Märkte zu rechnen. Der Markt für Fernwärme ist aufgrund der begrenzten Transportierbarkeit von lokaler Natur.

C. Auswirkungen des Zusammenschlusses

1) Gasversorgung

i) Horizontale und vertikale Auswirkungen

Das Zusammenschlußvorhaben führt zu keiner Überschneidung im Bereich der Gasversorgung. Nur GASAG ist auf diesem Gebiet in Berlin tätig. GDFD ist durch ihre diversen Minderheitsbeteiligungen in der Gasversorgung in anderen räumlich Gebieten in Deutschland nur geringfügig tätig.

GASAG liefert im Rahmen von Liefergemeinschaften Gas an BEWAG, das zum Betrieb von Heizkraftwerken verwendet wird. Aufgrund der Beteiligungsstruktur des Zusammenschlußvorhabens erscheint es unwahrscheinlich, daß BEWAG wesentlichen Einfluß hinsichtlich der Gasversorgung durch GASAG nehmen könnte, da mit GDF ein potentieller Gaslieferant mit eingebunden ist. Darüber hinaus bestehen langfristige Liefervereinbarungen mit anderen grossen Gasversorgern.

ii) Substitutionswettbewerb zwischen Gas und Strom

Nach Aussage von GASAG ist Gas durch Strom in einer Reihe von Anwendungen substituierbar, u.a. für Kochzwecke, zur Raumheizung. Nur ca. 2 % des Gesamtverbrauchs an elektrischer Energie wird zu Kochzwecken verwendet, eine ähnlich geringe Grössenordnung wie beim Kochen mit Gas. Im vorliegenden Fall kann daher auf eine diesbezuegliche weiterführende Betrachtung verzichtet werden. Elektrische Energie für Heizzwecke erreicht in Berlin nur einen Anteil von ca. 4 % aller Heizsysteme. Rechtliche Restriktionen auf kommunaler Ebene und das Bestehen von Leitungsmonopolen von Gas und Strom standen einer weiträumigen Ausbreitung von Heizsystemen auf Strombasis in der Vergangenheit im Wege.

iii) Ergebnis

Angesichts fehlender Überschneidungen sowie eines geringen potentiellen Substitutionswettbewerbs wird der Zusammenschluß nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führen, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde.

2) Fernwärme

i) Horizontale Aspekte

BEWAG ist Lieferant von Fernwärme in Berlin. An das Leitungsnetz der BEWAG sind ca. 520 000 Endverbraucher angeschlossen. GASAG liefert Fernwärme an ca. 3 500 Wohneinheiten. Das Zusammenschlußvorhaben würde zu einer geringfügigen Addition von Marktanteilen von weniger als 1 % führen. GDFD ist als Lieferant von Fernwärme in Deutschland nicht tätig.

ii) Substitutionswettbewerb zwischen Gas und Fernwärme

Nach Aussage der Parteien verteilt sich in Berlin die Wohnungsbeheizung auf 28 % Fernwärme, 30 % Heizöl, 28 % Erdgas, 4 % Strom und 10 % Kohle/Koks. Allerdings sind die Energieträger nicht frei austauschbar. Dies liegt daran, daß die Verbrennungseinrichtungen der jeweiligen Energieträger nach unterschiedlich technischen Systemen arbeiten, die nicht kompatibel sind. So unterscheiden sich u.a. die technischen Einrichtungen für stationäre Anlagen für die Verbrennung von Gas oder Öl grundsätzlich von denen für den Bezug von Fernwärme.

In der Regel wird beim Neubau eines Gebäudes oder bei Modernisierungsmaßnahmen über die Art der Wohnraumbeheizung entschieden. Eine nachträgliche Umstellung auf ein anderes Heizungssystem wäre nur unter hohen Investitionskosten realisierbar und unterbleibt daher in der Regel.

Die Parteien führen weiter aus, daß nur bei ca. 3 % von geplanten Neubauten und Modernisierungsmaßnahmen für die nächsten 10 Jahre beim Wärmebedarf eine Wahl zwischen Gas und Fernwärme möglich wäre. BEWAG erwartet potentielle Neukunden lediglich in denjenigen Bezirken, in denen bereits ein Fernwärmeleitungsnetz existiert und insbesondere Haushalte mit Kohleheizung auf ein komfortableres Heizungssystem im Rahmen einer Modernisierung umstellen möchten. Die überwiegende Zahl der Neubauten ist jedoch in Stadtbezirken Berlins vorgesehen, in denen entweder kein Fernwärmeleitungsnetz existiert oder der Weiterausbau bzw. Anschluß an ein benachbartes Fernwärmeleitungsnetz aus Kostengründen nicht möglich ist, aber eine Versorgung mit Gas in der Regel vorhanden ist.

Ein weiterer Grund für einen nur eingeschränkten Substitutionswettbewerb zwischen Gas und Fernwärme ist die Entscheidung von BEWAG, auf einen weiteren Ausbau ihre Fernwärmeleitungsnetze in Berlin zu verzichten. Erstens erscheinen die von BEWAG zu tragenden Kosten für die Verlegung neuer Fernwärmeleitungen ohne staatliche Subventionen so hoch, daß ein konkurrenzfähiges Fernwärmeangebot im Vergleich zu Gas nach betriebswirtschaftlichen Kriterien nicht möglich ist. Ferner sieht sich BEWAG nach der Liberalisierung im Strommarkt einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt. Die von BEWAG betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungskraftwerke produzieren weniger profitabel Strom als andere Lieferanten, die nur Strom produzieren.

GASAG könnte auch theoretisch die Gasversorgung zu Heizzwecken in Gebieten ausbreiten, in denen Wohneinheiten hauptsächlich mit Fernwärme versorgt werden und die teilweise oder vollständig über ein Gasleitungsnetz verfügen. Nach Informationen, die der Kommission im Rahmen der Ermittlung zur Verfügung standen, würden Verbraucher jedoch nur bei einem Wärmekostenvorteil von mehr als 20 % von Fernwärme auf Gas zu Heizzwecken umsteigen. Damit der Gasversorger ein hierfür attraktives Angebot unterbreiten könnte, müssten die Arbeitspreise für Gas drastisch sinken. Dies erscheint unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Gegebenheiten nicht durchführbar. Eine Ausbreitung der GASAG in Versorgungsgebiete der BEWAG erscheint daher unwahrscheinlich.

iii) Ergebnis

Angesichts geringfügiger horizontaler Auswirkungen sowie eines geringen potentiellen Substitutionswettbewerbs wird der Zusammenschluß nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führen, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde.

V. ERGEBNIS

Aus diesen Gründen hat die Kommission beschlossen, dem angemeldeten Zusammenschluß nicht zu widersprechen und ihn für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Vertrag zu erklären. Diese Entscheidung beruht auf Artikel 6 (1) b der Fusionskontrollverordnung und Artikel 57 des EWR-Vertrages.